Indikationen für Seelsorge

Wann ist es sinnvoll, die Seelsorge in die Behandlung zu integrieren?

„Ist es denn schon so schlimm?“, fragt die Patientin, wenn die Pflegekraft ihr vorschlägt, die Seelsorge dazu zu bitten. 
Nicht nur im Kontext „Sterben, Tod und Trauer“ sind die Seelsorger*innen in der MHH kompetente Gesprächspartner*innen.
Seelsorge als „Da-Sein“ in der Situation einer biographisch besonderen Situation ist ein Schutzraum für viele andere Themen – jenseits von religiöser Zugehörigkeit. 


Unser ehemaliger Kollege in der Krankenhaus-Seelsorge und inzwischen Professor für Praktische Theologie, Herr Prof. Dr. Traugott Roser, hat in einer interkantonalen Arbeitsgruppe sog. „Seelsorge-Indikationen“ erarbeitet. Die folgenden Aspekte bilden in ihrer Gesamtheit die inhaltliche Breite und Tiefe seelsorglicher Arbeit ab. Wir fassen diese Aspekte hier zusammen und antworten damit auf die im Haus oft gestellten Fragen: “Was machen Seelsorger*innen konkret? Mit welchen Anliegen können Sie sich an die Seelsorge wenden und kompetente Gesprächspartner erwarten?“

 
Seelsorge bietet einen geschützten Rahmen an, um Gespräche in folgenden inhaltlichen Dimensionen geschehen zu lassen:

 
1. Ich-Dimension: Identitätskonflikt/Kontrollverlust 
Als Patient*in wirke ich unzufrieden, demonstrativ passiv und evtl. „schwierig“.
Dann kann Seelsorge ein Gespräch anbieten, Konflikte in der Identität oder Kontrollverluste zu thematisieren. 

2. Beziehungs-Dimension: Beziehungsabbrüche und Rückzug 
Als Patient*in ziehe ich mich zurück, äußere Kraftlosigkeit und reduziere meine Kontakte.

 
3. Biographische Brüche/Unfertiges/Schuldgefühle 
Als Patient*in bin ich belastet durch Scham- und Schuldgefühle, kreise um Unfertiges und Vergangenes.

 
4. Trauer und Verzweiflung 
Als Patient*in bin ich traurig, enttäuscht, verzweifelt und belastet durch Verluste.

 
5. Transzendenz-Dimension: Sinn-, Schicksals- und Warum-Fragen 
Als Patient*in grüble ich, hadere, fühle mich ohnmächtig und frage „Warum?“.

 
6. Religiosität/Glauben/Ungewissheit 
Als Patient*in habe ich religiösen Bedarf oder Probleme, mich beschäftigen Ängste, Hoffnungslosigkeit und Wut.

 
7. Ethische Fragen 
Als Patient*in habe ich „ethisches Bauchweh“ und Diskussionsbedarf.
 


Hinter diesen Themen stehen „spirituelle Bedürfnisse“, die im Kontext der Krankheit, ihrer Diagnose und Therapie aufbrechen. 
Seelsorge bietet dafür keine Antworten oder Lösungen an, sondern stellt einen kommunikativen und geschützten Rahmen dar, in dem der Patient/ die Patientin für sich selbst gedanklich aktiv werden kann.

Die Ergebnisse nutzen die Patient*innen zunächst ausschließlich für sich selbst und entscheiden dann, ob sie davon einem Arzt oder einer Krankenschwester, ihren Angehörigen oder niemandem davon erzählen. 
 
Evangelische Krankenhaus-Seelsorger*innen sind in der Regel für diese Art von Gesprächen ausgebildet, bilden sich regelmäßig fort und kontrollieren ihre Professionalität in Supervisionen.
 
Diese Gespräche können Sie über die Pflegenden und die Ärzt*innen anmelden lassen; Sie können sich auch direkt an uns wenden. Die Gesprächsinhalte werden nicht dokumentiert. 
 
Wir sind gern für Sie da – wenn Sie Patient*in, Angehörige*r oder Mitarbeiter*in der MHH sind – als spirituelle Wegbegleiter*innen.

Quelle: K. B.-K.
Die Kapelle der MHH